Rinderbeinscheiben in Kaffeesauce

Gegarte Rinderbeinscheiben in Kaffeesauce mit Gemüse und Kaffeewürze
Rinderbeinscheiben in Kaffeesauce, zweite Portion

Dieses Rezept ist eine Ode an die Geschmacksnerven. ;–) Und es ist gefühlt das längste, das ich je gebloggt habe. Verständlich, wenn die Zubereitung über zwei Tage verläuft und insgesamt ca. 9–10 Stunden dauert. Deswegen habe ich auch das einzige Mal zwei einführende Fotos zum Gericht oben abgebildet.

Ende November ist dies ist auch schon das erste Weihnachtsgericht, das ich zubereite – denn immerhin kommen eine Vanilleschote, Gewürznelken, Orangenschale, Kaffeebohnen und Rotwein hinein. Es fehlten eigentlich nur noch Kardamom, Sternanis, Kreuzkümmel und Koriander – wie das Gericht dann schmecken würde, möchte ich im Moment aber nicht wissen. Ich bereite es erst einmal auf die bekannte Weise zu.

Schon alleine die Sauce, die nach dem Grillen von Knochen und Gemüse und dann dem 4-stündigen Köcheln mit Gewürzen, Rotwein und Fond herauskommt, ist sehr schwer und würzig, bevor es dann an die eigentliche Zubereitung der Beinscheiben geht. Jeder sollte sich vor dem Zubereiten des Gerichts also fragen, ob er ein Gericht mit einer Sauce, in der Kaffeebohnen verwendet werden, überhaupt zubereiten möchte. Und ob er das Wagnis zu diesem befremdenden, aber doch neuen und interessanten Geschmack eingehen will.

Und aufgepasst, alle Hobbyköche, die auf Energiesparen setzen und langwierige Gerichte über mehrere Stunden deswegen nicht zubereiten: Die Sauce zu diesem Gericht braucht 4 Stunden Zubereitungszeit. Und die Rinderbeinscheiben als Schmorfleisch nochmals 4 ½ Stunden. ;–)

Zutaten für die Sauce:

  • 700 zerkleinerte Kalbsknochen
  • 700 g Suppengrün
  • 4 kleine Zwiebeln
  • 5 Knoblauchzehen
  • 5 Tomaten
  • 2 EL Kaffeebohnen
  • 1 Peperoni oder auch türkische Spitzpaprika
  • ½ Bio-Orange (Schale)
  • 3 Nelken
  • 1 Vanilleschote
  • 500 ml trockener Rotwein
  • 750 ml Rinderfond
  • 250 ml Wasser

Zubereitungszeit: 4 ½ Stdn.

Zutaten für das Fleischgericht:

  • 2 Rinderbeinscheiben, 1,0–1,3 kg
  • 600 g Wurzelgemüse (Knollensellerie, Staudensellerie, Lauchzwiebeln, Karotten, Steckrüben, Kartoffeln)
  • 6 Schalotten
  • 1 l Rinderfond
  • 1 EL Aceto Balsamico di Modena
  • 1–2 Zweige frische Petersilie
  • Salz
  • Pfeffer
  • Butter
  • Traubenkernöl

Zubereitungszeit: 5 Stdn.

Zutaten für die Kaffeewürze:

  • 1 TL Kaffeebohnen
  • ½ TL grobes Meersalz
  • 1 EL frischer Thymian
  • 1 EL geriebene Bio-Orangenschale
  • 1 TL fein gehackte Bitterschokolade (mind. 75 %)
  • 1 rote, thaiiländische Chilischote

Zubereitungszeit: 10 Min.

Sauce:

Gegrillte Knochen und Gemüsestücke in der Bratreine

Bereiten Sie die Sauce, die ja immerhin 4 Stunden köcheln muss, am Tag vor der eigentlichen Zubereitung des Gerichts zu. Die Aromen und Röststoffe in der Sauce sollen sich über Nacht noch besser verbinden. Geben Sie also am vorherigen Tag die Kalbsknochen in der Bratreine auf mittlerer Schiene in den Backofen, schalten die den Grill (240 °C – eventuell mit Umluft) ein und grillen die Kalbsknochen 15 Minuten. Dann das kleingeschnittene Suppengrün, die Zwiebeln in Viertel geteilt mit Schale, die geschälten Knoblauchzehen im Ganzen und die geviertelten Tomaten hinzugeben, mit den Knochen vermischen und weitere 30 Minuten grillen. Dabei immer nachschauen, dass nichts anbrennt und alle 10 Minuten die Knochen und das Gemüse wenden.

Wenn Sie die Knochen und das Gemüse wenden und dazu natürlich die Backofentür öffnen müssen, verliert den Backofeninnenraum rapide an Temperatur, die dann auf 170 °C oder sogar 140 °C zurückgehen kann. Der Backofen braucht dann wieder einige Minuten, um auf die eingestellten 240 °C hochzuheizen. Sie sollten also nach 30 Minuten selbst einschätzen, ob Knochen und Gemüse genügend gegrillt sind, weil das Gemüse vielleicht schon einige geschwärzte Stellen aufweist. Oder ob Sie gern noch 5 oder 10 Minuten hinzugeben können.

Hinweis: Das kräftige Grillen der Knochen und des Gemüses ist notwendig, weil die sehr starken Röststoffe, die durch das Grillen entstehen, durch das anschließende 4-stündige Köcheln aus den Knochen und dem Gemüse als Geschmackstoffe ausgelöst und in die ebenso schwere und würzige Sauce übernommen werden sollen.

Vor Beendigung des Grillens zerdrücken Sie die Kaffeebohnen in einem Mörser, mischen sie unter die Knochen-Gemüse-Mischung und grillen sie noch 1 Minute im Backofen mit. Dann geben Sie den Inhalt der Bratreine in einen großen Topf oder auch einen Bräter, geben in grobe Stücke zerteilte Peperoni und Orangenschale, Nelken im Ganzen und Vanilleschote, der Länge nach in zwei Hälften zerteilt, hinzu. Dann löschen Sie alles mit dem Rotwein, dem Rinderfond und dem Wasser ab, erhitzen das Ganze auf dem Herd und köcheln es mit Deckel auf dem Topf oder Bräter bei kleiner Hitze für 4 Stunden. Ab und zu umrühren.

Nach dem Köcheln den Inhalt des Topfs oder Bräters durch ein Küchenhandtuch passieren, damit alle groben Bestandteile aus der Sauce entfernt werden und eine feinflüssige Sauce übrig bleibt. Damit entfernen Sie auch das überschüssige Fett in der Sauce. Alternativ können Sie die Sauce erst in eine Fettttrennkanne geben und die Sauce abschütten – das Fett bleibt dann in der Kanne zurück, kann in einer kleinen Schüssel aufbewahrt und für weitere Fleischgerichte zum Anbraten verwendet werden. Und dann geben Sie die Sauce durch ein feines Küchensieb, um die groben Bestandteile zu entfernen.

Nach dem Köcheln mit insgesamt 1,5 l Flüssigkeit (Rotwein, Fond und Wasser) bleibt meistens nur 500 ml Sauce übrig, auch wenn der Topf oder Bräter während des Köchelns zugedeckt war. Diese Sauce ist sehr würzig und schwer und braucht zunächst nicht weiter reduziert werden. Die Sauce darf beim ersten Probieren auch ruhig extrem würzig und veillicht überwürzt schmecken, gerade was den Kaffegeschmack und die Gewürze wie Vanilleschote und Nelken anbelangt. Das ist aber so gewollt, denn in dieser Sauce werden die Rinderbeinscheiben noch für 4 ½ Stunden gegart und da sich dabei die Sauce auch reduziert, muss noch mit 0,5–1 l Rinderfond abgelöscht werden, was den extrem würzigen Geschmack dieser zuerst erzeugten Kaffeesauce doch deutlich auf ein erträgliches Maß reduziert.

Fleischgericht:

Zwei rohe Rinderbeinscheiben, ca. 1,3 kg

Würzen Sie nun die beiden Rinderbeinscheiben von beiden Seiten mit Salz und Pfeffer. Erhitzen Sie im Bräter eine Portion Butter und geben auch einen Schuss Traubenkernöl hinzu. Die beiden Beinscheiben auf beiden Seiten jeweils 3 Minuten sehr braun anbraten. Herausnehmen und das Fett abgießen oder, wenn Sie das Fett aus der Sauce in einer Schüssel aufbewahrt haben, dort hinzugießen. Erhitzen Sie den Backofen auf 150 °C (Umluft). Legen Sie dann die beiden Beinscheiben nebeneinander in den Bräter zurück. Übergießen Sie sie mit der Sauce. Da die Beinscheiben 4 ½ Stunden im Bräter köcheln sollen, die Sauce aber vermutlich nicht ausreicht, beide Beinscheiben füllend zu bedecken und beim Köcheln auch mit Deckel auf dem Bräter sicherlich Flüssigkeit verdampft, geben Sie noch Rinderfond hinzu, um die Beinscheiben fast komplett abzudecken. Dann den Bräter auf der zweiten Schiene von unten in den Backofen schieben.

Wenden Sie nach 1,5 Stunden die Beinscheiben in der Sauce. Da sich nach dieser Zeit vermutlich die Knochen der Beinscheiben schon vom Fleisch gelöst haben, müssen Sie dies behutsam tun. Außerdem sollten Sie, wenn die Sauce schon stark eingekocht ist, mit 100–200 ml Fond auffüllen.

Nach 3 Stunden putzen Sie die Wurzeln und schneiden sie in grobe Stücke. Auch wenn nicht alle in diesem Rezept aufgelisteten Gemüsesorten Wurzeln im eigentlich Sinn darstellen, verwenden Sie einfach alles an Gemüse, was Sie vorrätig haben und von der Würze der Sauce und dem Fleisch zum Gericht passt. Wenden Sie nochmals die Beinscheiben. Mittlerweile sollten sie schon stark gegart sein, so dass der Knochen sich löst und auch Teile des Fleischs abfallen. Geben Sie dann das Gemüse hinzu. Vermutlich wird die Sauce nicht mehr ausreichen, auch noch das Gemüse abzudecken und somit zu garen. Geben Sie also noch 300–500 ml Rinderfond hinzu, um auch das Gemüse in den letzten 1 ½ Stunde zu garen. Nach dem 4 ½-stündigen Garen ist das Fleisch vermutlich dunkelbraun bis schwarz gegart, was auch mit dem Kaffee in der Sauce zu tun hat, aber es ist butterweich. Sie brauchen kein Messer, um es zu zerteilen, die Gabel allein reicht aus.

Kaffeewürze:

Orangenschale, Bitterschokolade, Kaffeebohnen, Thymian und Chili kleingeschnitten im Mörser

Geben Sie die Kaffeebohnen und das grobe Meersalz in einen Mörser und mörsern es klein. Dann geben Sie den geriebenen, frischen Thymian hinzu, die geriebene Orangenschale, die klein gehackte Bitterschokolade und schließlich die kleingehackte Chilischote. Zerdrücken Sie alles zusammen im Mörser nochmal und geben Sie es in eine kleine Schüssel.

Servieren:

Nehmen Sie dann nach Ende der Garzeit das Fleisch und das Gemüse aus dem Bräter. Die Sauce schmecken Sie eventuell mit Salz, Pfeffer und Balsamicoessig nochmals ab und lassen sie, wenn notwendig, auf dem Herd nochmals reduzieren. Richten Sie das Fleisch zusammen mit den Knochen – bei den Markknochen kann auch noch das Mark ausgelöst werden – auf großen Tellern an und geben Sie das Gemüse dazu. Sie können noch weitere Beilagen wie Knödel, Kartoffeln, Pasta oder Reis dazu anbieten, wobei sich meines Erachtens Reis aufgrund seiner neutralen und ausgleichenden Wirkung zu dieser schwerwürzigen Sauce gut eignet, aber das ist nicht unbedingt notwendig. Das mitgegarte Gemüse reicht aus. Geben Sie genügend von der kräftigen Sauce darüber. Und bestreuen Sie dann das Fleisch und das Gemüse mit der Kaffeewürze. Garnieren Sie alles mit ein wenig kleingeschnittener, frischer Petersilie.

Wenn Sie das Gericht das erste Mal zubereiten, werden Sie überrascht sein über die Aromen, die es entwickelt und können danach entscheiden, was Ihnen schmeckte und was zuviel war. Bei einem weiteren Zubereiten können Sie dann zum Beispiel entscheiden, ob Ihnen nur der Kaffee beim Grillen und somit in der Sauce ausreicht – nur ein leichter Kaffeehauch – und ob Sie auch die Kaffeewürze am Ende des Gerichts möchten – das sind dann kräftige Aromen mit Orange, Schokolade, Kaffee, Thymian und Chili. Entscheiden Sie selbst. Das Gericht ist jedenfalls eine Hymne an die verschiedenen Aromen und eine kulinarische Erweiterung des eigenen Geschmackserlebnisses.

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2 Gedanken zu „Rinderbeinscheiben in Kaffeesauce

  1. Kaffee passt wunderbar zu vielen Gerichten. Übrigens blogt Robert von lamiacucina heute über Kaffeeöl, einer genialen Idee, immer Kaffeearoma zum Kochen bereit stehen zu haben.
    Bei so langwierigen Schmorgerichten greife ich lieber zum Schnellkochtopf. Im Dampf und unter Druck lösen sich die Aromen auch sehr gut. Der Energieaufwand ist aber nur ein Viertel so hoch wie beim Schmoren im Backofen.

    1. Ich mag keine Schnellkochtöpfe, auch wenn ich einen davon in meinem Küchenschrank stehen habe. Meine Mutter empfiehlt ihn mir immer, den ersten Schnellkochtopf hat sogar sie mir geschenkt. Aber ich will Kontrolle über die Zubereitung meiner Gerichte haben. Also bei einer Zubereitung im Bräter im Backofen alle halbe Stunde den Deckel wegnehmen und eventuell die Sauce probieren können und zu entscheiden, muss ich noch nachwürzen und womit? Muss ich noch Flüssigkeit nachfüllen und welche – Wein, Fond oder Wasser? Beim Schnellkochtopf stehst Du außen davor und kannst nicht eingreifen. Das sind wie die Gewerkschaften in England „Closed Shops“. Das will ich nicht, so will ich nicht kochen. Auch wenn ich dann höhere Stromkosten habe. Meiner Mutter habe ich neulich ein Rezept zur Zubereitung von Fleisch nach der Niedrigtemperatur-Garmethode geschickt. Sie hat es wie erwartet abgelehnt. Sie „schiebt kein Fleisch für vier Stunden in den Backofen“, da sind die Stromkosten dafür zu hoch. Aber sie bereitet ja auch deswegen keine Saucen durch Reduzieren über 1–2 Stunden auf dem Herd zu, was, wie Du selbst weißt, manchmal unabdingbar und notwendig ist. Bei ihr köchelt ein Gericht in einer Sauce im Höchstfall eine halbe Stunde auf dem Herd. Das ist eben eine andere Generation, sie kocht ja auch mit braunem und weißem Bratensoßenpulver. ;–( Robert von lamiacucina ist ja auch so ein Energieverschwender. ;–) Sein Rezept zu Gulasch vom Rinderwadenfleisch neulich finde ich interessant und ich überlege, es nachzukochen, da ich diese Fleischart noch nie zubereitet habe. Aber bei einer Gardauer von 12 Stunden im Backofen gerate sogar ich ins Nachdenken, ob ich das machen will, auch wenn dann das Fleisch so zart ist, dass man keine Messer mehr braucht. Eines besseren belehren ließe ich mich vermutlich nur, und würde erwägen, doch einen Schnellkochtopf zu verwenden, wenn mein Stromanbieter wegen zu hohen Stromverbrauchs plötzlich eine jährliche Nachzahlung von einigen hundert Euro fordern würde. ;–)

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